Links und rechts vom Mühlenweg

Mühlen

Mühlen: die ersten Maschinen des Menschen

Die Geschichte des Mühlenwesens beginnt mit dem Sesshaft-Werden des Menschen als Ackerbauer und dem dadurch notwendigen Zermahlen des Getreides. Die früheste Mahlsteintechnik ist etwa um 4.000 vor Christus in Altbabylon nachweisbar. Aus einfachen Mahlsteinen entwickelten sich Mörser, später sogenannte Trog- oder Handmühlen und dann von Tierkraft angetriebene Mühlen. Um 300 vor Christus wurde mit der „noria“ ein von Wasserkraft betriebenes Schöpfrad hergestellt: Zum ersten Mal nutzte der Mensch die Kräfte der Natur und schuf damit die erste Maschine. Bis ca. 800 vor Christus drangen die Wassermühlen in den Nordseeraum vor. Einige Jahrhundert später kamen die Windmühlen auf. Im deutschen Raum verbreiteten sie sich im elften Jahrhundert, zunächst als „Bockwindmühlen“, später vor allem als „Holländerwindmühlen“. Auf dem Höhepunkt der Mühlennutzung gab es mehr als 180 Anwendungsbereiche der Mühlentechnik. Die im 19. Jahrhundert beginnenden industrielle Revolution mit Erfindung von Motoren und der Dampfmaschine läutete jedoch das Ende der Mühlen ein. Inzwischen sind diese in den Industrieländern nahezu vollständig von modernen Großmühlen verdrängt worden. Die Erhaltung des Mühlenbestandes als Zeugnis einer Jahrtausende alten Mühlengeschichte ist dort eine kulturgeschichtliche Aufgabe geworden.

Die Stars des Mühlenwegs: Mühlen am Wegesrand

Neun Wassermühlen und zwei Windmühlen, die Jahrhunderte lang in verschiedensten Funktionen arbeiteten, liegen entlang der 97 Kilometer des Mühlenwegs. Einige wurden restauriert, andere sind stillgelegt, aber alle bleiben lebendige Zeugen der Lebens- und Arbeitsweise unserer Vorfahren im Osnabrücker Land.
Welche Mühlen den Wanderern unterwegs wo begegnen, listet der Übersichtsplan detailliert und anschaulich auf. Dabei sind die Mühlen mit dem Buchstaben M gekennzeichnet und durchnummeriert.

Windmühle Lechtingen

TR-20091014-0941M1: Vortreffliche Leistung: die Tüchter-Mühle

Als eine „vortreffliche Korn-Mühle“ lobt 1672 der Pastor Rumpius aus Wersen die Tüchter-Mühle an der Düte. Damals tat diese Walk- und Kornmühle bereits rund 500 Jahre ihren Dienst. Im 13./14. Jahrhundert hatte der Landesherr Graf von Tecklenburg die Tüchter-Mühle ebenso wie viele weitere Mühlen bauen lassen, um  die Wasserkraft auszunutzen.
Seit 1862 ist die Tüchter-Mühle im Besitz der Familie Tüchter. Noch während des Ersten Weltkrieges lieferte sie an 19 Abnehmer in Wersen Lichtstrom mit 110 Volt Spannung. Als sich jedoch immer mehr Landwirte elektrische Schrotmühlen anschafften, die Höfe ihr Brot immer weniger selbst backten und Großmühlen die Herstellung von Feinmehl übernahmen, verlor die Tüchter-Mühle ihre Bedeutung. Ende der 50-er Jahre wurde sie stillgelegt. Ihr Mahlwerk ist erhalten, und über dem Giebel zeugt immer noch das Wappen der Tecklenburger Grafen von ihrer Geschichte.

oelmuehle-borgmannM2: Öl aus Bucheckern: die Ölmühle Borgmann

Die alte Ölmühle Borgmann wurde ebenso wie die Tüchter-Mühler im 13./14. Jahrhundert vom Grafen von Tecklenburg angelegt. 1796 tauchte sie in der Steuerliste der Vogtei Wersen als Erbpachtmühle (Oil- und Borgmühle des Borgmann) auf, später wurde eine Kornmühle angegliedert. Ihre Blütezeit erlebte die Ölmühle Borgmann im Ersten Weltkrieg, als Deutschland sich fast ausschließlich mit eigenen Lebensmitteln versorgte. Im Dritten Reich wurde sie – wie alle Ölmühlen – in die staatliche Planwirtschaft einbezogen. 1954 bestimmte das Landesernährungsamt die Ölmühle Borgmann als einzige in der Umgebung zur Herstellung von Öl aus Bucheckern. Ab den 60-er Jahren aber dominierte das preiswertere und geschmackvollere Sonnenblumenöl aus südlichen Ländern den Markt, sodass die nicht mehr rentable Mühle stillgelegt wurde. Heute ist ihre technische Ausstallung nicht mehr vorhanden, die alte Ölmühle Borgmann wird nur als Wohnhaus genutzt.

muehle-bohleM3: Kupfer, Tuch und Flachs: die Mühle Bohle

Die Korn-, Walk- und Sägemühle Bohle wurde im 13./14. Jahrhundert vom Tecklenburger Grafen als Kupfermühle errichtet. Ab dem 16. Jahrhundert wurde zum einen in der Walkemühle frisch gewebtes Tuch geknetet, zum anderen in der Bokemühle Flachsstängel durchstoßen, um Fasern für die Leinenherstellung zu gewinnen. Wegen der Beschädigungen im 30-jährigen Krieg musste die Technik der Mühle Bohle erneuert werden. Nach Besitzerwechseln und Einbau eines Graupengangs arbeitete sie als Korn- und Ölmühle für Raps und Leinsamen, der 1831 eine Sägemühle angegliedert wurde. 1842 wurde die  Kalksandsteinbrücke gebaut, 1906 ersetzte Müller Heinrich Bohle die Mühle durch einen Neubau. Durch Erneuerung der Stauanlage konnte die Mühle ab 1920 durch Wasserkraft Strom erzeugen, brannte aber 1931 ab. Nach dem Wiederaufbau wurde die Kornmühle noch 1946 durch einen Walzenstuhl aufgestockt, stellte aber schon zwölf Jahre später ihren Betrieb ein. 1975 wurde auch die Sägemühle aufgegeben. Seit 1992 ist die Mühle Bohle ein Baudenkmal, das Heimatverein Wersen und die Familie Schwentker-Bohle 1993 renovierten.

Hollager-Muehle-Pano-2M4: Raum für die Jugend: die Hollager Mühle

Ein „Küken“ unter den Mühlen der Region ist die Hollager Mühle – früher: Barlagsche Mühle – , wurde sie doch erst 1850 erbaut. Dabei vereinte Christopher Barlage aus Hollage Korn- und Bockemühle in einem Gebäude. Durch Nutzung verschiedener Antriebskräfte war er von der Natur vergleichsweise unabhängig: Bei Trockenheit wurde mit Wind, bei Windstille mit Wasserkraft gearbeitet. 1875/76 wurde das oberschlächtige Wasserrad durch eine Turbine ersetzt und die Mühle verpachtet. 1906 kaufte die Familie Witte die Mühle samt Kotten. Nachdem 1921 Turbine und Windmühlenflügel durch einen Verbrennungsmotor ersetzt worden waren, konnte die Mühle endgültig losgelöst von der Natur arbeiten. Parallel zum Einbau des Motors wurde der Betrieb eines Sägewerkes aufgenommen, bis die – inzwischen mit einem Elektromotor ausgestattete – Mühle 1951 stillgelegt wurde. Seit 1974 dient der Mühlenturm mit Nebengebäuden als Jugendfreizeitstätte. Betreiber ist die Gemeinde Wallenhorst, die hier pro Jahr rund 7.000 Gäste aus aller Welt begrüßt.

muehle-sommerM5: Immer noch aktiv: die Mühle Sommer

Als eine der wenigen Mühlen entlang des Mühlenweges wirtschaftet die Mühle Sommer auch heute noch. Ihren Zweitnamen „Schleptruper Mühle“ verdankt sie ihrer Lage am Schleptruper Mühlenbach. Ursprünglich wurde sie als Mahl- und Sägemühle genutzt, wobei nicht mehr zu ermitteln ist, in welcher Funktion sie zuerst betrieben wurde. Das ehemals antreibende Wassermühlenrad ist nicht mehr vorhanden. In seiner jetzigen Form wurde das Mühlengebäude 1742 errichtet. Nachdem das Wohngebäude abgebrannt war, kaufte 1870 W. Sommer den Komplex von einem Herrn Finke, da dieser nach Amerika auswanderte. Die Mahlmühle wurde stillgelegt, die Mühle fortan nur noch als Sägemühle genutzt und mit einer Turbine angetrieben. Heute gehört die Mühle Ludwig Sommer, der den Mühlenteich ausbaggern und die Staumauer erneuern ließ – Voraussetzungen dafür, dass die Mühle nach wie vor als Sägemühle genutzt wird.

TR-20100819-7294M6: Lange Tradition: die Wassermühle Zur Mühlen

Weit zurück in die Vergangenheit reichen die Wurzeln der Wassermühle Zur Mühlen in Schleptrup. Sie existierte schon um 1000 als eine auf Pfählen errichtete Getreide- und Bockemühle. Die Wasser- und Staurechte wurden im zwölften Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt. Damals gehörte die Mühle dem Osnabrücker Fürstbischof, der sie zur Bewirtschaftung an Bauern vergab. Nach dem 30-jährigen Krieg indes wurde Schleptrup evangelisch, und der Fürstbischof musste die Mühle abtreten. Technisch arbeitete die Mühle bis 1928 mit einem unterschlägigen  Wasserrad und wurde dann auf ein oberschlägiges umgestellt. Dank dessen größerer Kraft konnte ein weiterer Göpel betrieben werden. Parallel wurde eine Wasserturbine eingebaut. 1960 erhielt die Mühle ein neues Wasserrad mit einem Durchmesser von vier Metern, mit dessen Hilfe sie bis 1970 als Lohngetreideschroterei betrieben wurde. Nach Ausbaggerung des Teiches und Erneuerung der Stauwehr ist die Mühle heute noch funktionstüchtig. Mittlerweile stehen Mühle und Hof unter Denkmalschutz. Privatbesitzer Rolf Zur Mühlen steht in einer langen Tradition: Seine Vorfahren waren alle Müllermeister, die zunächst to de Dieke, dann to Mölen und ab 1850 Zur Mühlen hießen.

TR-20090925-0190M7: Ein Preis von 4.083 Taler: die Linnenschmidtsche Wassermühle

Als Hofmühle des Meyerhofes zu Venne entstand die Linnenschmidtsche Wassermühle im frühen Mittelalter als Mahl-, Beutel-, Graupen-, Boke-, Säge- und Ölmühle. Erstmals wurde sie 1074/81 urkundlich erwähnt, als der Edelherr Folker sie mit anderen Besitztümern dem Osnabrücker Bischof Benno I. schenkte. 1845 kaufte Johann Linnenschmidt die Mühle für 4.083 Reichstaler und stockte sie zu Beginn des 20. Jahrhundert auf. 1924 wurden die beiden Wasserräder durch eine Wasserturbine ersetzt, ab 1935 übernahmen bei Wassermangel Motoren den Betrieb. Das Wohngebäude wurde 1954 errichtet, die Mühle bis 1981 durch Pächter bewirtschaftet. Vier Jahre später begann der Heimat- und Wanderverein Venne mit der Restaurierung und setzte mit finanzieller Unterstützung der Gemeinde Ostercappeln auch die Mühlentechnik wieder in Gang. Heute erklären hier „Freizeitmüller“ die Funktionsweise der Mühle, außerdem ist sie Schauplatz geselliger Veranstaltungen.

krebsburger-muehleM8: Liebevoll restaurierte Details: die Krebsburger Mühle

Erstmals im Lehnsbuch der Bischöfe von Osnabrück 1410 bis 1434 erwähnt, gehörte die Krebsburger Mühle noch Anfang des 15. Jahrhunderts zum Holtgrevenhof. Danach ging sie an das Gut Kuhof in Haaren über. Dieses wechselte samt Mühle später in den Besitz des Gutes Krebsburg über, das der Mühle fortan ihren Namen gab und dessen Besitzer in den Folgejahrhunderten wechselten. Von 1876 bis 1927 war die Familie Riepe Pächter der Mühle, danach übernahm die Familie Beckmann den Betrieb, bis er 1972 aufgegeben wurde. Im Zuge der Aufhebung der örtlichen Bahnüberführung „Lehmsiek“ wurde der eingeschossige und aus Backsteinen bestehende Mühlenbau abgerissen und an den heutigen Standort verlegt. Nach der Stilllegung wurde die Mühle mit viel Liebe zum Detail renoviert und befindet sich heute in Privatbesitz.

TR-20100828-7708M9: Von Hund und Eber zum Lernstandort: die Belmer Mühle

Eine etwa 1160-jährige Geschichte kann die Belmer Mühle vorweisen. Obwohl sie erst 1240 in einem Einkünfteverzeichnis – das angibt, dass der Müller drei Schilling zahlen, einen Eber mästen und alle drei Jahre einen Hund nähren muss – auftaucht, ist sie wahrscheinlich schon gegen 840 erbaut worden. Bis die Belmer Mühle 1776 in Privatbesitz überging, gehörte sie den Osnabrücker Bischöfen. Dies verrät auch eine mit einem Wappen versehen Tafel an der Fassade: „Herr Arnold Tolen, Domherr der Osnabrücker Kirche, ließ mich errichten“. Im Zuge der  Industrialisierung wurde die Mühle im 19. und 20. Jahrhundert von Dampfmaschinen und später von Elektromotoren angetrieben. 1991 erwarb die Gemeinde Belm sie, um daraus ein Kultur- und Begegnungszentrum zu entwickeln. Dieser Aufgabe nimmt sich seit 1995 der „Verein Belmer Mühle e.V.“ an. Auch der Heimatverein nutzt die Mühle, die zudem als historischer Lernstandort dient.

Knollmeyers Mühle im NettetalM10: Historische Anlagen auf vollen Touren: die Wassermühle Nettetal

Die Wassermühle im Nettetal ist einer der „Oldtimer“ unter den Mühlen im Osnabrücker Land, wird doch für ihre Gründung die Zeit Karls des Großen angenommen. Die Wasser- und Staurechte sind erstmals 1253 erwähnt. Zwischen 1980 und 1983 wurde die frühere Doppelmühle mit historischen Baustoffen und nach bauökologischen Gesichtspunkten originalgetreu und funktionstüchtig restauriert. Dabei verband man das Holz-Metall-Getriebe mit modernster elektrischer Regeltechnik. Von 1983 bis 2008 wurden in der Mühle Vollkornmehle aus ökologisch angebautem Getreide produziert. Nach einem Betreiberwechsel ist sie seit Juni 2009 wieder in Betrieb. Mit ihrem mittelschlächtigen Wasserrad und einer Stauhöhe von 2,50 Metern erbringt die Mühle etwa acht Kilowatt Leistung, die bei ruhendem Mahlbetrieb zur Stromerzeugung für den eigenen Betrieb genutzt wird.

Wal-20130828-6013M11: Wechselvolle Geschichte: die Windmühle Lechtingen

Bei der Windmühle Lechtingen handelt es sich um einen Galerie-Holländer mit Windrose und Segelflügeln. 1887 wurde sie im Wallenhorster Ortsteil Lechtingen von Johann Rudolf Pagenstecher erbaut. Bis zu ihrer Stilllegung 1970 erlebten die Windmühle und die angrenzende Motormühle eine wechselvolle Geschichte. 1982 restaurierte der gemeinnützige Verein „Windmühle Lechtingen e.V.“ die Beinahe-Ruine. Nachdem die Vereinsmitglieder in Eigenleistung das Mauerwerk wieder hergestellt hatten, flossen auch öffentliche Mittel. Genau 100 Jahre nach ihrer Erbauung wurde die originalgetreu restaurierte Windmühle Lechtingen am Pfingstmontag 1987 wieder in Betrieb genommen. Der Verein kümmert sich seither nicht nur um die nötigen Reparaturen, sondern organisiert neben dem Mühlentag jährlich den Öko- und Kunsthandwerkermarkt sowie historische Vorführungen und Ausstellungen, bietet Besichtigungen an und betreibt einen Mühlenladen mit ökologisch erzeugten Produkten. Heute ist die Mühle im Besitz der Gemeinde Wallenhorst und an den Verein verpachtet.